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10 Jahre Nachhaltigkeitsberatung Sustaineration: Interview mit Geschäftsführer Niels Christiansen

Niels Christiansen ist Geschäftsführer und Co-Gründer von Sustaineration. Vor zehn Jahren legte er gemeinsam mit Ting Lee den Grundstein für die Nachhaltigkeitsberatung, die heute ihren Sitz in der nordfriesischen Hafenstadt Husum in Schleswig-Holstein hat. Im Interview spricht er über die Gründungszeit, Highlights und Herausforderungen der ersten Unternehmens-Dekade.

Niels, vor zehn Jahren hast du Sustaineration mitgegründet. Kannst du einen Schlüsselmoment beschreiben, der zur Unternehmensgründung geführt hat?

Tatsächlich gab es den! Zu der Zeit war ich am Ende meines Masterstudiums und arbeitete im Nachhaltigkeitsmanagements eines Berliner Internetunternehmens. Ich erinnere mich an einen Moment während unseres berufsbegleitenden Abendstudiums in dem Ting und ich über die Gründung einer Beratung gesprochen haben. Wir studierten beide Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Recht. Ein Studium welches unterschiedliche Praxisprojekte beinhaltete. In einem dieser Projekte sahen wir die Chance eines Beratungsmandats. Das haben wir zum Anlass genommen, eine Nachhaltigkeitsberatung zu gründen und uns direkt in den Gründungsprozess gewagt. Wenige Wochen später saßen wir beim Notar und haben den Gesellschaftsvertrag für die Sustaineration UG unterzeichnet. Vom Moment, in dem wir erstmals darüber sprachen, bis zur Eintragung der Gesellschaft sind vier Wochen vergangen.

Wie hast du die Gründungszeit empfunden?

Die gesamte Gründungszeit war unheimlich aufregend. Dabei denke ich nicht nur an die wenigen Wochen bis zur offiziellen Gründung durch Eintragung. Vor allem, die ersten beiden Jahre waren unheimlich spannend und eine Lernreise wie ich sie noch nie zuvor erlebt hatte. Die Entwicklung eines Leistungsportfolios, der Unternehmensauftritt und auch die allerersten Beratungsprojekte die wir bearbeitet haben. Das war schon eine aufregende Zeit.

Ich erinnere mich besonders gerne an die Zusammenarbeit mit Ting zurück, unsere kleinen Workshops zur Entwicklung unseres Unternehmens, die wir gerne auch mal am Strand durchgeführt haben. Unsere Werte und Vorstellungen für das Unternehmen deckten sich sehr, was uns zum Zeitpunkt der eigentlichen Gründung noch gar nicht so bewusst war. Wir haben unseren Arbeitsplatz nach unseren Vorstellungen entwickelt, das war damals schon etwas ganz Besonderes für mich.

Frischer Wind: Die ersten Meetings in der Gründungsphase fanden noch nicht im Büro, sondern in lockerer Atmosphäre am Strand statt.

Ein Jahr nach der Gründung haben wir uns erstmals auf einer Messe präsentiert und sehr viel Leidenschaft in die Gestaltung unseres Messestandes gesteckt. Da kam uns insbesondere die Erfahrungen von Ting zugute, die vor der Gründung Projektmanagerin für die Internationale Funkmesse in Berlin war. Naja, und auch das handwerkliche Geschick meines Vaters, der unseren Messetresen gebaut hat.

Wir haben auch von vornherein Projekte mit gesellschaftlichem Impact entwickelt. Der heutige grenzenloes Daag startete 2015 als Nordfriesland Daag. Ting und ich haben viele unterschiedliche Aktionen geplant, an denen sich verschiedene Unternehmen beteiligt haben, in dem sie ihre Mitarbeitenden für die ehrenamtliche Arbeit freistellten. Selbst haben wir natürlich auch mit angepackt und waren Müllsammeln am Deich, haben Hochbeete für ein Altenheim gebaut und in einem Jahr ein Freigehege für eine an Aids erkrankte Katze eines Tierheims.

Der Firmenname „Sustaineration“ ist ein Wortspiel aus den englischen Begriffen „Sustainability“ und „Generation“. Hand aufs Herz: Wie oft musstest du ihn schon buchstabieren?

Nachdem wir mit dem Unternehmen von Berlin nach Nordfriesland umgezogen sind, war das Buchstabieren an der Tagesordnung. Für nordfriesische Zungen scheint der Name nicht gemacht zu sein. Die Namensfindung selbst war aber auch sehr bewegend. Wir haben unterschiedliche Wörter miteinander verbunden … beim Mixen der Wörter „Sustainability“ und „Generation“ war uns klar, dass ist er. Sustaineration drückt genau das aus, weshalb es das Unternehmen letztlich gibt. Und zwar das durch nachhaltiges Wirtschaften die Lebensgrundlage künftiger Generationen aufrechterhalten werden soll. Genau dazu sollte das Unternehmen einen Beitrag leisten, daran hat sich bis heute nichts geändert. Dass die Vision schon in dem Firmennamen steckt, halte ich für extrem wertvoll. Ich werde niemals müde, diesen Namen zu buchstabieren.

Ting ist heute nicht mehr Teil des Unternehmens, wie kam es dazu?

Das stimmt. Die ersten Jahre waren wirtschaftlich besonders schwierig für uns und wir konnten nicht so Fuß fassen, wie wir es uns gewünscht hatten. Nach vielen emotionalen Gesprächen haben wir 2017 dann den schweren Entschluss gefasst, die Gesellschaft zu liquidieren. Ting ist in diesem Zuge in ihre alte Heimat San Francisco zurückgekehrt und ich habe fortan freiberuflich unter dem Namen Sustaineration beraten und war zeitgleich beim Landesverband Schleswig-Holstein der Verbraucherzentralen tätig.

Solche Herausforderungen können sich leicht wie Scheitern anfühlen. Was hat dich angetrieben, weiterzumachen?

Das Gefühl des Scheiterns gab es natürlich. Aber aufgeben kam einfach nicht in Frage. Mir war klar, dass es genau das ist, was ich zukünftig machen will. Die Anstellung hatte damals den Druck aus der Selbstständigkeit genommen, unbedingt erfolgreich sein zu müssen. Das hat mir persönlich gutgetan und ich konnte mich intensiv mit der inhaltlichen Weiterentwicklung des Unternehmens beschäftigen. Ich habe die Zeit damals auch genutzt und ein Buch zur schrittweisen Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements publiziert. Dass veränderte die Auftragslage, so dass ich seit Mitte 2018 wieder ausschließlich als Nachhaltigkeitsberater tätig war.

Das Gefühl des Scheiterns gab es natürlich. Aber aufgeben
kam einfach nicht in Frage. Mir war klar, dass es genau
das ist, was ich zukünftig machen will.

Niels Christiansen, Geschäftsführer und Co-Gründer von Sustaineration

In dem Moment der Liquidation fühlte es sich nach scheitern an. Heute sehe ich das nicht mehr so. Einige sagen mir manchmal, wir waren unserer Zeit voraus. Die Zeit war sicher eine andere, aber wir hatten damals vor allem ein wenig differenziertes Leistungsportfolio. Das ist der größte Lerneffekt, den ich aus der Zeit mitgenommen habe, der uns auch heute noch sehr prägt in der Geschäftsmodellentwicklung.

Und seitdem geht es steil bergauf?

Seitdem entwickelt sich Sustaineration kontinuierlich positiv. Es gibt natürlich auch heute noch Situationen, die herausfordernd sind. Die Pandemie oder die Energiekrise aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben wir auch gespürt, allerdings nur kurzfristig. Die Relevanz von nachhaltigem Wirtschaften hat sich verändert. Gerade die Bewegung durch Fridays4Future habe ich als sehr bedeutend wahrgenommen. Viele Unternehmen haben sich ernsthaft mit Aktivist*innen ausgetauscht und den Druck gespürt – und ihn auch zugelassen. Dadurch wurden Themen in einer ganz anderen Tiefe betrachtet.

Ich persönlich glaube, dass dies vor allem daran liegt, dass viele Manager*innen Kinder in dem Alter der Aktivist*innen hatten, die sich plötzlich auch in den eigenen vier Wänden zu ihren unternehmerischen Entscheidungen rechtfertigen mussten. Auf jeden Fall hatte ich das Gefühl, dass ich nachhaltiges Wirtschaften seitdem nicht mehr verargumentieren muss, sondern dass vielen selbst klar war, dass sie einen anderen Weg einschlagen müssen. Fridays4Future war damit ein wichtiger Impuls für uns als Unternehmen, aber auch für die Transformation der Wirtschaft insgesamt.

Heute ist es vor allem die rechtliche Lage die Unternehmen unter Druck setzt und unser Geschäftsmodell natürlich positiv beeinflusst. Der Beratungsbedarf hat deutlich zugenommen, was wir zum einen an den gestiegenen Anfragen erkennen, aber auch daran, wie konkret diese geworden sind.

2021 wurden die ersten Mitarbeitenden eingestellt – ein weiterer Meilenstein für die Unternehmensentwicklung. Was war der Anlass dafür, ein Team aufzubauen?

Richtig, seit 2021 bin ich kein Einzelunternehmer mehr. Die rechtlichen Anforderungen an das betriebliche Nachhaltigkeitsmanagement macht dieses zunehmend komplexer, auch in der Beratung. Es wurde schnell deutlich, dass wir Personen im Unternehmen brauchen, die sich auf spezielle Themenbereiche fokussieren und da ihr Expert*innen-Wissen aufbauen. Das funktioniert als Einzelunternehmer dauerhaft aus meiner Sicht nicht. Im Frühjahr 2021 sind dann die ersten beiden Mitarbeiterinnen dazugestoßen. Ein bedeutender Meilenstein in der noch jungen Unternehmensgeschichte. Heute sind wir ein kleines Team von sieben Personen und werden auch die kommenden Jahre weiterwachsen.

Aufbau des Teams: Im Jahr 2021 wurden die ersten Mitarbeitenden eingestellt. Seitdem wächst das Team fortwährend, bis heute auf insgesamt sieben Personen mit vier Berater*innen.

Mit dem Wachstum des Teams entwickelt sich auch die Unternehmensdynamik. Welche Änderungen hast du besonders wahrgenommen?

Zunächst hat sich unser Leistungsportfolio verändert und zunehmend differenziert. Das Team hat neue Methoden und Prozesse eingebracht, wodurch sich die Qualität unserer Arbeit verbessert hat. Sustaineration wurde schlicht auf ein anderes Level gehoben. Ende des Jahres 2021 haben wir dann wieder eine Gesellschaft gegründet und die Sustaineration GmbH eingetragen.

Auch persönlich hat sich einiges für mich geändert, Ich habe viel mehr gearbeitet als in der Zeit in der ich als Einzelunternehmer tätig war. Außerdem war ich plötzlich Führungskraft, als die ich mich in der Vergangenheit selbst nie gesehen hatte. Ich erinnere mich an einen Moment bei der Gartenarbeit in dem ich zufrieden feststellte, dass ich jetzt Unternehmer bin. Dieses Gefühl hatte ich ohne Mitarbeitende nicht.

Fazit zu „zehn Jahren Selbstständigkeit“: Wie hat dich die vergangene Dekade als Unternehmer geprägt?

In allererster Linie habe ich gelernt, dass Fehlentscheidungen passieren. In der Vergangenheit und sicherlich auch in der Zukunft. Ich akzeptiere diese und gehe andere Wege. Das bedarf auch viel Flexibilität, sowohl im Geschäftsmodell, aber auch persönlich. Das Thema Nachhaltigkeit entwickelt sich sehr schnell, eine gewisse Anpassungsfähigkeit ist da unverzichtbar, um langfristig am Markt zu bleiben.

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