Klimarisikomanagement in Unternehmen: Ein Einstieg in die Szenarioanalyse
Die Auswirkungen des Klimawandels sind auch für die Wirtschaft spürbar – eine Szenarioanalyse unterstützt Unternehmen bei der Identifizierung der Risiken und Chancen.
Die volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels in Deutschland bis 2050 werden auf 280 bis 900 Milliarden Euro (in Summe) geschätzt. Zum Vergleich: die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Jahr 2021 verursachte volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 40,5 Milliarden Euro (BMWK, 2023, Bundesregierung, 2023). Auch Unternehmen sehen sich zunehmend mit den Risiken des Klimawandels konfrontiert, sei es durch extreme Wetterereignisse, regulatorische Änderungen oder den Druck von Investor*innen und Kund*innen. Klimarisikomanagement wird daher zukünftig unvermeidlich zu einem zentralen Bestandteil der Unternehmensstrategie. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, wie eine Szenarioanalyse helfen kann, die Risiken und Chancen des Klimawandels für Unternehmen zu identifizieren.
Was ist Klimarisikomanagement?
Klimarisikomanagement umfasst die Identifikation, Bewertung und Steuerung von Risiken, die durch den Klimawandel verursacht werden können. Diese Risiken lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
– Physische Risiken: Diese resultieren aus direkten physischen Auswirkungen des Klimawandels, wie z. B. extremen Wetterereignissen (Stürme, Überschwemmungen, Hitzewellen) und langfristigen Veränderungen (Meeresspiegelanstieg, Temperaturveränderungen).
– Übergangsrisiken: Diese entstehen durch den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Dazu gehören regulatorische Änderungen, technologische Entwicklungen und Veränderungen im Markt und Verbraucher*innenverhalten.
Warum ist Klimarisikomanagement wichtig?
Sicherung der Geschäftsfähigkeit: Durch die Identifikation und Steuerung von Klimarisiken können Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber klimabedingten Störungen erhöhen und so die Geschäftskontinuität sichern.
Regulatorische Anforderungen: Regierungen weltweit implementieren zunehmend Gesetze und Vorschriften zum Klimaschutz. Unternehmen müssen diese Anforderungen erfüllen, um rechtliche und finanzielle Konsequenzen zu vermeiden.
Wettbewerbsvorteil: Die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens ist für Stakeholder, einschließlich Kund*innen und Investor*innen, von großer Bedeutung. Ein effektives Klimarisikomanagement kann das Ansehen eines Unternehmens stärken und neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen.
Die Rolle der Task Force on Climate-Related Financial Disclosure (TCFD)
Die von den G20-Staaten gegründete TCFD hat klare Leitlinien zu den Informationsanforderungen von Finanzakteur*innen und Unternehmen vorgelegt.
Die EU rät Unternehmen die Empfehlungen der TCFD in der Klimarisikoberichterstattung zu übernehmen. Bestimmte Anforderungen im Bereich der Klimarisiken stellen außerdem die CSRD und Taxonomie (z. B. Paragraf 47 der CSRD und ESRS E-1) sowie die Berichtsstandards CDP und GRI (z. B. GRI201-2 oder CDP C2). Da sich all diese Standards auch auf die TCFD beziehen, sollten sich Unternehmen mit dessen Empfehlungen vertraut machen. Ein zentrales Element der Empfehlungen ist die Szenarioanalyse.
Drei Tipps zur Durchführung einer Szenarioanalyse
Einbezug relevanter Stakeholder: Involvieren Sie verschiedene Abteilungen und Stakeholder*innen innerhalb und außerhalb Ihres Unternehmens, um eine umfassende Perspektive zu gewährleisten. Dazu gehören z. B. interne Mitarbeitende wie aus den Bereichen Risikomanagement, Finanzen, Nachhaltigkeit oder Strategie. Ihre unterschiedlichen Blickwinkel helfen, die Szenarien realistisch und umfassend zu gestalten. Aber auch externe Expert*innen wie z. B. Berater*innen, Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen von Branchenverbänden können externes Fachwissen beitragen.
Auswahl der geeigneten Zukunftsszenarien: Bei der Auswahl der Szenarien können sich Unternehmen zunächst auf zwei Szenarien konzentrieren: eines, das dem 2°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens entspricht und eines mit einem höheren Temperaturanstieg. Es müssen verschiedene Zeithorizonte, wie z. B. 2030, 2040 und 2050, gewählt werden. Das Szenario und dessen Narrativ muss eingehend recherchiert werden, um es im nächsten Schritt mit den wesentlichen Geschäftsaktivitäten des Unternehmens zu verknüpfen. Hierfür können auch Tools wie z. B. Location Risk Intelligence (MunichRE), CLIMADA (ETH Zürich), Climate and Disaster Risk Screening Tools (World Bank) in Betracht gezogen werden.
Bewertung der Szenarien: Die Auswirkungen aus den Szenarien werden in Verbindung mit den wesentlichen Geschäftsaktivitäten gesetzt. Hieraus lassen sich dann spezifische Risiken und Chancen ableiten. Danach werden diese Bewertet, entweder qualitativ (d. h. nur eine Beschreibung der Risiken) oder quantitativ (d. h. eine Beschreibung der finanziellen Auswirkungen). Optional kann eine Risikomatrix erstellt werden, um die Risiken priorisieren. Es ist sinnvoll, eine strukturierte Ausarbeitung vorzunehmen, wie es Konzerne wie z. B. Wienerberger oder die GEA Group in diesem Bereich tun.
Fallbeispiel: Klimarisikomanagement in der Praxis
Wienerberger, ein führendes Unternehmen in der Ziegel- und Baustoffindustrie, hat sich seit 2020 mit der Berichterstattung über Klimarisiken nach den TCFD-Empfehlungen auseinandergesetzt. In einem zweijährigen Prozess wurden die klimabezogenen Chancen und Risiken umfassend analysiert und bewertet. Dabei wurden die Klimaszenarien der IEA und des IPCCs für die Zeiträume 2030 und 2050 verwendet. Im Nachhaltigkeitsbericht zeigt Wienerberger die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegenüber verschiedenen Klimaszenarien auf und leitet strategische Maßnahmen wie die Dekarbonisierung der Produkte ab. Auf Seite 112 des Berichtes werden beispielsweise die physischen Risiken und Chancen der Jahre 2030 und 2050 dargestellt.
Fazit
Klimarisikomanagement ist ein essenzieller Bestandteil der modernen Unternehmensführung. Wir empfehlen, dass sich Unternehmen frühzeitig damit auseinander setzen und damit die Herausforderungen des Klimawandels vorzubereiten, Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen.
Sie wünschen sich einen Austausch zum Thema Klimarisikomanagement und zur Durchführung einer Szenarioanalyse für Ihr Unternehmen?
Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme unter kluth@sustaineration.com
Anje Kluth, Beraterin